Reise nach Kaliningrad vom 23. bis 27.10. 2024

Reise nach Kaliningrad vom 23. bis 27.10. 2024

Teilnehmer-innen: Gudrun Schmidt-Kärner, Irina Beberniß, H. Theodor Siebel

23.10.2024, Mittwoch
Zugfahrt von Berlin nach Danzig 12:52 – 18:24 Uhr
In Danzig erwartet uns Pavel Marataev, Ex-Praktikant, auf dem Bahnsteig und heißt uns herzlich willkommen. Pavel arbeitet sei 2022 in Elblag/Polen und pendelt regelmäßig zwischen Kaliningrad und Polen. Er hat wie viele Kaliningrader Bürger durch seine Frau polnische Wurzeln und bekommt daher eine Erlaubnis nach Polen einzureisen, was sonst den russischen Bürgern nicht möglich ist.
Unser Fahrer Oleg erwartet uns ebenfalls und bringt uns in seinem PKW nach Kaliningrad zum Hotel „Tschaika“. Die Grenze passieren wir ohne nennenswerte Probleme. Hierzu benötigen wir 2 Std. und sind nach 4 Stunden im Hotel. Das scheint wohl für die Einreise eine ganz normale Dauer zu sein, für die Ausreise kann es schon mal bis zu 15 Stunden dauern. Deshalb nahmen wir für die Rückreise den Linienbus!
Im Hotel „Tschaika“ erwartet uns dann Tatjana Pavlova und checkt mit uns ein. Sie hat sehr gut vorgesorgt und für uns einen Willkommenstrunk (Bier) dabei.

24.10.2024, Donnerstag
Zum Frühstück begrüßt uns Viktor Romanovskij, ehemaliger Außenminister der Oblast Kaliningrad ein guter Freund und langjähriger Begleiter unserer Arbeit.

Viktor Romanovskij, Irina Beberniß, Tatjana Pavlova

  • Nach dem Frühstück fahren wir mit Tatjana Pavlova zum Haus Chance. Dort werden wir von den neuen Mitarbeiterinnen Natalja Pljüchina, Leiterin des Haus Chance, Yana Astachova, Jekaterina Arelskaya und Irina Swerewa begrüßt. Wir haben viel zu besprechen und verbringen den ganzen Tag im Haus Chance.
  • Zuerst erzählen uns die Pädagogen von der Lebenssituation der Hausbewohner und wie sie sich bemühen sie auch in die Zivilgesellschaft zu integrieren. So beteiligen sich die Jugendlichen nun bei den „Ruinen Reinigern“. Das sind Freiwillige im Kaliningrader Gebiet, die nun Ruinen von Kirchen, Burgen und Schlössern reinigen und z. T. wieder aufbauen. Im Sommer haben die Pädagogen mit den Hausbewohnern auch eine Freizeit an der Ost-see verbracht und so lernen sie auch das Gebiet kennen. Sie helfen auch bei der Renovierung von Wohnungen der betreuten jungen Familien.
  • Die Leiterin des Haus Chance hat zu allen Vormundschaftsämtern Kontakt aufgenommen und macht eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit. Denn immer noch ist unsere Konstruktion (NGO als Träger eines sozialen Projektes) ein Unikum, wie unsere Geschäftsführerin betont. Wir sind von dem Wandel in der pädagogischen Arbeit angetan und geben auch dementsprechend unsere Rückmeldung.

 

 

  • Mittagessen mit Wladimir Michailov, Mitarbeiter von Cargobull LKW-Aufliegern.
  • Auch ein langjähriger Begleiter unserer Arbeit. Er hat mit Stefan Stein (verstorben im November 2022) zusammengearbeitet. Stefan Stein war zunächst Vertreter der IHK Hamburg in Kaliningrad und hatte dort ständigen Wohnsitz und entsprechend auch sein Büro. Hat auch in St. Petersburg gearbeitet. War auch zuletzt Vertreter fürs Land Brandenburg.

 

  • 15.30-16.30 Uhr war das Treffen mit 6 jungen Männern und einer jungen Frau Maria, die im Haus Chance zurzeit wohnen. Sie haben Ihre Arbeitszeiten so eingerichtet, dass sie sich mit uns treffen konnten. Wir kamen zu sehr guten offenen Gesprächen über ihr jetziges Leben, ihre Arbeit und das Leben im Haus Chance. Nach anfänglicher Zurückhaltung wurden sie immer lebendiger. Die junge Maria hat ein Problem, was sie uns schilderte: Ihr Traum ist es, Konditorin zu werden, aber sie hat keinen der kostenfreien Schulplätze erhalten und arbeitet nun stundenweise auf dem Markt, verkauft Gemüse. Ein Schulplatz würde 600,00 Euro im Jahr kosten. Wir werden überlegen, ob wir dabei helfen können, ihren Traum zu erfüllen!

 

 

  • 17:00 – 17:30 Uhr haben wir Alexander Kochanovich in seinem Büro besucht. A. K. war als Schüler in der Schule 23 und hat als Kind bei dem Ausladen der Hilfstransporte geholfen.  Gudrun Schmidt-Kärner hat ihn vor 10 Jahren wieder getroffen und ihn auf die Hilfstransporte angesprochen. Seine Frage war dann, wie kann ich Ihnen helfen? Er hat die Brandschutztreppe im Haus Chance finanziert. Seit dem Juni 2023 finanziert er auch teilweise das Projekt Haus Chance. Nun sieht es gerade so aus, dass er möglicherweise die Gesamtkosten von 32000,00 Euro für ein Jahr übernimmt! Das wäre eine wunderbare Tat und eine große Entlastung für uns alle.

 

Abendessen im Restaurant Parmesan: Gudrun, Tatjana, Irina, Theo. Praktikanten waren nicht zugegen, hatten wegen Krankheit abgesagt.

25.10.2024, Freitag

Leonid Plittman ist zum Frühstück ins Hotel gekommen. Er ist der Vorsitzende von der NGO „Offene Welt“, dem Trägerverein von Haus Chance. Gudrun Schmidt-Kärner kennt ihn seit ihrem 1. Aufenthalt in Kaliningrad zum Jahreswechsel 1990/1991, er war ein guter Freund von unserem verstorbenen Lasar Fukson (verstorben 05.01.2021), kleines Bild:

 

 

 

 

 

 

 

 

  • Fahrt zu Natascha Dobrovolskaja (Ex-Praktikantin) in die Rominter Heide, sie ist sehr rege und bietet für Touristen aus der Region und Russland Umgebungsführungen mit Übernachtungen und auch Familien- und andere Gruppenfeiern an. Mit ihrem Mann Alexander haben sie eine alte Scheune zu einem schönen Gästehaus umgebaut! Es werden auch Sauna und Whirlpool angeboten. Natascha ist Co-Autorin eines Kochbuches mit verschiedenen Kochrezepten der nationalen und internationalen Küche.

 

Selbst ein Rezept für einen Zwiebelkuchen von Gudrun Schmidt-Kärner hat darin einen Platz gefunden. Zu unserem Mittagessen wurden berühmte russische Gerichte, Bortsch und Pelmeni (Teigtaschen), serviert.

Alexander, der Mann von Natascha, Irina, Gudrun, Natascha, Theo

Wir wollten auch den Bauern Sergey Zaez (Nataschas Bruder) besuchen. Er ist aber mit einer Lungenentzündung an diesem Tag ins Krankenhaus eingeliefert worden.

Auf dem Weg in die Rominter Heide haben wir einen Abstecher zum Kant-Museum Jutischen/Wesselowka gemacht. Das ist ein sehr beliebtes Ausflugsziel für Kaliningrader! Wir wollten ein Selfi-Foto mit Kant machen. Immanuel Kant war dort bei einem Pfarrer als Hauslehrer tätig.

 

Am Abend des 25.10.2024 hatten wir ein gemeinsames Abendessen mit jungen Menschen, interessierten Kaliningradern, im Restaurant „Pro Pech“, das sich am Nordbahnhof im Zentrum der Stadt sich befindet.

Alexander Salenko, war kein Praktikant, ist Jura-Dozent für Völkerrecht und internationales Recht an der Kant-Universität. Er erklärt uns, dass er nicht doziert, sondern die Studenten zu den einzelnen Themen befragt und diskutiert diese dann mit ihnen, sie sollen sich ein eigenes Urteil bilden. Er war mit seiner Frau Julia gekommen, brachte ein Buch, von ihm geschrieben, als Geschenk mit. Gudrun bekam folgende Karte.

 

  • Irina Salenko, ehemalige Praktikantin, jetzt Zahnärztin, die Schwester von Alexander, berichtete über die Alternative zur Wehrdienstpflicht, zum Beispiel als Sanitäter in den Kliniken im Gebiet.
  • Andrej Tumanov, ehemaliger Praktikant, war mit seinem 8- jährigen Sohn Alexej da. Ursprünglich Polizist in Moskau; ist er jetzt Leiter eines Sicherheitsdienstes. Hat einen zweiten Job im Bau angenommen. Die Frau arbeitet im Kindergarten, damit sie die gestiegenen Preise finanzieren können.
  • Andrej Portnjagin, ein kompetenter Reiseführer und Dolmetscher, auch ihn kennen wir schon sehr lange, er hat früher im Deutsch-Russischen Haus gearbeitet. Er kommt gerne zu unseren Treffen, um auch wie alle anderen mit uns im Kontakt zu bleiben. Er kann uns beim nächsten Besuch unter einem bestimmten Thema durch Kaliningrad führen. Das bedeutet, beim nächsten Besuch ca. 4 Wochen vorher eine Stadtführung bei Andrej Portnyagin anmelden!

26.10.2024, Samstag

Besuch bei Wassilij Issaev, dem ehemaligen Direktor des Kinderheims in Zelenogradsk, und seiner Frau Ludmilla in Zelenogradsk in deren Haus an der Ostsee. Sehr herzlicher kurzer Empfang und schöne Gespräche. Wassilij Issaev ist Mitglied und Beisitzer in der NGO „Offene Welt“. Den ersten Kontakt zu ihm hatten wir bei unserer Reise mit Schülern und Studenten im April 1991.

Bei Wassilij Issaev zu Hause. Wassilij, Gudrun, Ludmila, Theo, Irina.

15 Minuten an der Ostseeküste.

 

12:00 Uhr zum ZOB und dann um 14:00 Uhr mit dem Linienbus nach Danzig (Grenzübergang Dauer 4h).Ca. 20:00 Uhr im Scandic Hotel in Gdansk eingecheckt. Dort Pasta mit Tomatensoße, Nudeln und Fleischklößchen gegessen.

 

27.10.2024 , Sonntag

Um 09:30 Uhr Fahrt mit dem Zug von Danzig über Berlin nach Hause.

Wir grüßen alle herzlich

Prof. Gudrun Schmidt-Kärner
I. Vorsitzende

Dr. med. H. Theodor Siebel
Schatzmeister

Irina Beberniß
Protokollführerin

 

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Kaliningrad Besuch vom 26. bis 31. Januar 2023

Kaliningrad Besuch vom 26. bis 31. Januar 2023
TeilnehmerInnen: Gudrun Schmidt-Kärner, Irina Beberniß und Theodor Siebel

Donnerstag, 26. Januar 2023:
Fahrt mit dem Eurocity EC59 von Berlin nach Danzig, sehr bequem und angenehm.
Berlin HBF ab 12:52 Uhr
Danzig an 18:27 Uhr

Im Zug haben wir den deutschen Generalkonsul von Kaliningrad, Herrn Hans Günther Mattern, durch Zufall getroffen. Er war auch auf dem Weg nach Kaliningrad, sozusagen nach Hause. Wir hatten während der Fahrt unterhaltsame, interessante und angenehme Gespräche.

Nach der pünktlichen Ankunft in Danzig am Hauptbahnhof um 18:27 Uhr wartete ein Taxi auf uns, welches uns bis zum Hotel „Tschaika“ in Kaliningrad gebracht hat. Die Grenzkontrollen sowohl auf der polnischen als auch auf der russischen Seite nahmen ihre Zeit in Anspruch. Unser Gepäck wurde durchleuchtet, wir wurden aber nicht kontrolliert, d. h. keine Leibesvisitation oder ähnliches.Unser Taxi erreichte unser Hotel „Tschaika“ ohne Unterbrechungen gegen 23:00 Uhr. Dort hat uns dann Tatjana Pavlova erwartet und beim Einchecken unterstützt bzw. geholfen. Wir waren fast die einzigen Gäste im Hotel. Unterbringung und Verpflegung waren gut und ließen keine Wünsche offen.

Freitag, 27. Januar 2023:
Am Freitagmorgen haben wir beim Frühstück im Hotel Vladimir Michailov getroffen. Er vertritt die deutsche Firma Cargobull, Hersteller von Sattelaufliegern, Aufbauten und Anhängern. Cargobull ist Marktführer in Europa im Nutzfahrzeugbau. Durch die Sanktionen gehen die Geschäfte schlecht.

Anschließend fahren wir zum
Treffen in Haus Chance.
Teilnehmerinnen des Gesprächs:
Anna, Viktoria, Tatjana, Irina, Svetlana und Lena vom Team des Hauses.
Gudrun, Irina und Theo vom Förderverein

Haus Chance
Die Pädagoginnen im Haus Chance betreuen seit 20 Jahren Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses, die im Alter von 16 bis 18 Jahren aus den staatlichen Heimen entlassen werden. Viele der Entlassenen sind aber nicht in der Lage ein eigenverantwortliches Leben ohne elterliche Unterstützung zu führen.

Diese Unterstützung und Betreuung der Jugendlichen übernimmt dann das Team im Haus Chance sehr erfolgreich.Viktoria, die Geschäftsführerin des Trägervereins OFFENE WELT, berichtet über ihre Arbeit im Haus Chance. Ihre Master-Arbeit in Soziologie  hat sie über soziale Waisen im Kaliningrader Gebiet erstellt.

Vom Team des Haus Chance werden 25 – 30 Jugendliche und 40 – 45 Familien ambulant betreut. Für sehr viele Jugendliche und junge Erwachsene ist die Einrichtung ein Ersatz für das Elternhaus. Manche haben auch nach Jahren noch regelmäßig Kontakt und kommen sowohl bei freudigen als auch bei belastenden Ereignissen um einerseits die Freude, andererseits aber auch die Trauer mit den Pädagoginnen zu teilen. Wie in einem guten Elternhaus stehen die Pädagoginnen ihnen auch nach Jahren noch mit Rat und Tat zur Seite.

Im letzten Jahr hat das Team zum dritten Mal den Präsidenten-Fonds gewonnen. Auch in diesem Jahr will Anna  mit Unterstützung des ganzen Teams wieder einen Antrag stellen, in dem neue Schwerpunkte ihrer Arbeit vorgestellt werden. Große Chancen rechnen sie sich aller-
dings nicht aus, weil es der vierte Antrag ist.Des Weiteren will das Team an der Ausschreibung des Sozialministeriums für soziale Dienstleistungen teilnehmen. Sie möchten in den Katalog der bezuschussten Dienstleister aufgenommen werden, um auch durch diese Arbeit wirtschaftlich unabhängiger zu werden.

Nachdem Viktoria einem regionalen Radio-oder Fernsehsender ein Interview gegeben hat und zeitgleich die Internetseite von Haus Chance neugestaltet wurde, gingen einige kleine Spendengelder ein.

Acht Jugendliche wohnen zurzeit im Haus und einer wohnt zur Probe in einem Heim. Aktuell sind es nur Jungs im Alter von 18 – 24 Jahren.

  • Ein Jugendlicher wurde zur Armee eingezogen, er sei aber auch freiwillig zur Armee gegangen und habe sich für 2 Jahre verpflichtet. Ein wesentlicher Motivationsgrund war für ihn wohl der gute Verdienst im Vergleich zur heimischen Wirtschaft. Alle anderen seien wegen gesundheitlicher Probleme vom Militärdienst freigestellt worden.
  • Ein Jugendlicher ist psychisch krank, leidet unter Impulsdurchbrüchen, was sich in aggressivem Verhalten äußert. Anna hat eine Mentorin für ihn gefunden. Er hat Probleme mit Alkohol und bildet sich im Boxen aus.
  • Ein 21-jähriger ist geistig behindert, lebt im Heim und leidet unter Wahnvorstellungen.
  • Zwei Jugendliche haben eine eigene Wohnung in der Stadt erhalten,
  • zwei Mädchen aus der Tagesbetreuung ebenfalls.
  • Drei Jugendliche studieren Schiffsbaumechanik, das Studium dauert 5,5 Jahre,
  • einer geht zur Fachschule,
  • zwei sind in einem Betrieb fest angestellt,
  • zwei haben Nebenjobs und
  • zwei sind in einer Ausbildung.

Waisen, sowohl soziale als auch natürliche Waisen, werden im Studium staatlich unterstützt, sind vom Wehrdienst befreit und erhalten freie Verpflegung und Kleidung.
Alle Bewohner zahlen ein reguläres Hausgeld. Zurzeit wohnen nur junge Männer im Haus. Bei gemischter Bewohnerschaft, wenn es nicht 50% Jungs und 50% Mädchen waren, gab es vermehrt Konflikte.

Eine große finanzielle Belastung für Haus Chance ist die jährlich anfallende Grundsteuer von 2’000,00 €, entsprechend 148’000,00 Rub (zum aktuellen Kurs von Ende Januar 2023: 1 € @ 75 RUB).
Viktoria versucht eine Befreiung von der Grundsteuer zu erreichen, weil OFFENE WELT, der Trägerverein von Haus Chance, eine NGO ist und keinen wirtschaftlichen Gewinn erzielt.

Die Kommunalabgaben wie Strom, Wasser und Heizung betragen in den privaten Haushalten im Winterhalbjahr monatlich 5’000 bis 7’000 RUB @ 66 € – 95 €, im Sommerhalbjahr ca. 3’000 RUB @ 40 €. Haus Chance hat im Jahr 160’000-180’000 RUB an Ausgaben für die Kommunalabgaben, was 2’100 € bis 2’400 € im Jahr entspricht (1 € @ 75 RUB).

Anna und Elena betreuen eine psychotherapeutische Gruppe im Haus Chance mit 16 Jugendlichen in der Grundgruppe, insgesamt haben 22 Jugendliche teilgenommen. Die Jugendlichen haben sich geöffnet und gut mitgearbeitet. Es haben 10 Treffen stattgefunden. Bei den Jugendlichen besteht der Wunsch, diese Treffen fortzusetzen.Die Geschäftsführerin Viktoria erklärt, dass die Finanzierung des Haus Chance exakt bis zum 31. Juli 2023 gesichert ist. Danach ist alles offen?!

In der 2. Juniwoche dieses Jahres wird das 20-jährige Bestehen des Haus Chance gefeiert. Gudrun bittet die NGO OFFENE WELT darum, ein entsprechendes Fest zu organisieren. Sie wird auch die Liste der einzuladenden Gäste erstellen.

Patenschaften
Ein in der jetzigen Zeit sehr wichtiges Projekt des Fördervereins sind die Patenschaften für Jugendliche und deren Familien in Kaliningrad. In diesem Jahr zahlen vier Nichtmitglieder und elf Vereinsmitglieder monatlich 25,00 €, also 300,00 € im Jahr zur Unterstützung einer oder eines Jugendlichen in Kaliningrad. Svetlana und Lena vom Team des Haus Chance betreuen die Patenschaften. Meistens erhalten die Spender 2 x im Jahr einen Dankesbrief von den Jugendlichen, vor allem von den häufig alleinerziehenden jungen Müttern.

Mittagessen auf Einladung von Igor Krasnjanskij
Zum Mittagessen werden wir von Igor Krasnjanskij (Vorsitzender der NGO OFFENE WELT) ins Restaurant El Greko eingeladen. Zum Beginn der Hilfslieferungen war er Leiter der Zollbehörde in Kaliningrad und für die Kontrolle der eingeführten Waren verantwortlich und später der Transportminister in der Kaliningrader Regierung. Aktuell bekleidet er das Amt des Vorsitzenden der NGO OFFENE WELT. Er hat uns unter anderem über die Schwierigkeiten der Verteilung der Hilfsgüter in den 90er Jahren berichtet. Unteranderem hat er für die Anklage und Verurteilung eines Kaliningraders gesorgt, der mit den Hilfsgütern auf dem Schwarzmarkt Geld verdienen wollte. Igor Krasnjanskij hat dann konsequent dafür gesorgt und entsprechende Kontrollen durchgeführt, dass die Hilfsgüter auch in den Kinderheimen und Schulen verteilt wurden.

Besuch der Sozialministerin Angelika Meister
Anschließend besuchen wir die Sozialministerin, die in wenigen Tagen ihr zehnjähriges Dienstjubiläum als Sozialministerin begeht. Unser Gespräch findet ohne Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Ministerin statt, wie es sonst üblich war. In der Oblast existieren 4 Zentren zur Familienunterbringung mit à 40 Kindern. Im Gebiet leben 3’200 Waisen, die meistens in Ersatzfamilien untergebracht sind. Ziel des Sozialministeriums ist immer, die Unterbringung der Waisen in Pflegefamilien zu ermöglichen.

Jede Pflegefamilie erhält je Kind ca. 600’000 RUB @ 8‘000 € einmalig, um die Wohnung für das Pflegekind zu besorgen. Das Kindergeld beträgt ca. 7’000 RUB @ 93 € pro Monat für jedes Kind.
Die Altenpflegeeinrichtungen haben unter der Covid-19-Pandemie sehr gelitten. Für ein halbes Jahr wurden die Einrichtungen wie Geschlossene Einrichtungen geführt. Durch diese belastenden Arbeitsbedingungen bestand eine hohe Personalfluktuation.

Aufgrund der aktuellen politischen Situation ruht das Altenpflegeprojekt des Fördervereins. Da wir aber fest davon überzeugt sind, dass es auch nach dieser Krise ein Danach gibt, haben wir die Hoffnung noch nicht aufgegeben und warten auf das politische Tauwetter.

Treffen mit den Jugendlichen
Nachmittags haben wir uns dann für eine Stunde mit den Bewohnern im Haus Chance getroffen. Es war ein offenes Gespräch. Ein Jugendlicher, der wohl schon in mehreren Heimen gewohnt hat, hat die Wohnbedingungen, aber insbesondere das Personal gelobt. Für ihn ist es die bisher beste Heimeinrichtung, die er je erlebt hat. Unverständlich ist für ihn unser Engagement in Kaliningrad. Dieses altruistische und zivilgesellschaftliche Engagement hat er bisher noch nicht kennengelernt. Er ist sehr überrascht und erstaunt.

Abendessen mit den ehemaligen Praktikantinnen und Praktikanten

Abends treffen wir uns mit einigen ehemaligen Praktikantinnen und Praktikanten zum Essen im Parmesan:

  • Natalja arbeitet bei der Firma Hipp, Hersteller von Babynahrung. Im Jahre 2006 eröffnete der deutsche Babynahrungshersteller HIPP in der kleinen Grenzstadt Mamonowо eine Produktionsstätte für Babynahrung, Säfte und andere Getränke.
  • Elena war einige Jahre Leiterin des Hanse-Büros Kaliningrad.
  • Andreij, arbeitet als Dolmetscher und Reiseführer, war früher Direktor im Deutsch-Russischen Haus und ist jetzt Vorstand im Verein der Freunde Kants.
  • Jevgenij Soldatov wohnt und arbeitet in Kaliningrad. Seine Frau mit drei Kindern wohnt in Moskau.
  • Vera Petrochenkova arbeitet an der Kant-Universität als Deutschdozentin.

Samstag, 28. Januar 2023:
Tatjana Pavlova holt uns ab und fährt mit uns in die Rominter Heide.Dort besuchen wir als Erstes Sergej Saez und seine Frau Marina. Zur Begrüßung gibt es beim Essen einen Samagon (selbstgebrannter Schnaps) als russische Spezialität. Wir werden reichlich bewirtet und er berichtet u.a., dass er einen neuen großen Stall für Milchkühe baut. Möglicherweise ist die vermehrte Nachfrage nach Kuhmilch den Sanktionen geschuldet, weil dadurch viele Importe, auch im Lebensmittelbereich wegfallen.

Anschließend fahren wir zu seiner Schwester Natascha Dobrovolskaja und essen dort zu Mittag. Natascha und ihr Mann bieten Ferienwohnungen oder auch Zimmer zum Wochenendurlaub mit Vollpension an. Außerdem richten sie auch große Feiern wie Hochzeiten aus. Ihre Unterkünfte sind von den Kaliningraderinnen und Kaliningradern wohl sehr begehrt. Nach der 2,5-stündigen Rückfahrt trinken wir noch einen Absacker im Cafe Parmesan.

Sonntag, der 29. Januar 2023 
Zum Frühstück treffen wir uns mit Viktor Romanovskij, ehemaliger Außenminister der Oblast Kaliningrad. Grund seines Besuchs ist der Wunsch seiner Tochter Stefania Romanovskaija, geboren am 10. März 1986 in Kaliningrad, nach Deutschland zu kommen. St. R. hat Psychologie studiert, aber noch nie in ihrem Beruf gearbeitet.

Seit 10 Jahren wohnt sie in Polen und arbeitet dort als Verkäuferin. In diesem Jahr wollen die polnischen Behörden das Visum aber nicht verlängern. Sie möchte aber unter gar keinen Umständen wieder nach Kaliningrad (Russische Föderation) zurück. Sie spricht Englisch, aber kein Deutsch. Deutsch will sie wohl zügig lernen.

Anschließend fahren wir mit Tatjana Pavlova nach Jantarnyj (früher Palmnicken) zur Gedenkveranstaltung des Verbrechens von Palmnicken.

Am 27. Januar 2011 wurde unweit von Jantarnyj ein Denkmal zur Erinnerung an ein Verbrechen aufgestellt, das die Nazis am Ende des Zweiten Weltkriegs verübten. Es stellt Hände dar, die sich gen Himmel recken und verzweifelt versuchen, sich am Leben festzuklammern. Das mehrere Meter hohe steinerne Denkmal des aus Danzig stammenden israelischen Bildhauers Frank Meisler symbolisiert den verzweifelten Überlebenskampf von über 3’000 jüdischen KZ-Häftlingen, die in der Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar 1945 von SS-Wachleuten am Ostseestrand von Palmnicken ermordet wurden. (Aus: Kaliningrad, Königsberg, Das Kaliningrader Gebiet mit Memelland und Kurischer Nehrung von Gunnar Sturz: Das Verbrechen von Palmnicken, Trescher Verlag, 4. Auflage 2022).

Jedes Jahr findet zu dieser Zeit eine Gedenkveranstaltung statt, die von der jüdischen Gemeinde Kaliningrads organisiert wird. Mitglieder der jüdischen Gemeinde, der Generalkonsul der deutschen Vertretung in Kaliningrad Matern, der Kaliningrader Gouverneur und viele andere Menschen nehmen an dem 6,6 km langen Marsch teil. Er beginnt in Russkoje und endet am Denkmal in Jantarnyi. Er soll an den Todesmarsch der jüdischen Frauen und Kinder am 31. Januar 1945 erinnern.Bei der Gedenkveranstaltung treffen wir auch Lena Senkova und Alexander Pachomowskij.
Es war schon ein bewegendes Gedenken! Nach der Veranstaltung gehen wir gemeinsam mit Lena, Alexander und dem Generalkonsul in einem Lokal in Jantarnyi zum Essen.

Nachmittags besuchen wir Wassilij und Ludmilla Issaev in Selenogradsk. Auch hier werden wir fürstlich bewirtet. Die Vergangenheit ist unser Gesprächsthema. Wassilij Issaev, der ehemalige Kinderheimdirektor und spätere Leiter der Abteilung für Waisenkinder im Bildungsministerium, war für Gudrun Schmidt-Kärner der erste Kontakt beim Aufbau der Hilfsgüterlieferungen 1992.

Abends treffen wir uns mit Lena Senkova und ihrem Mann Alexander Pachomoskij, ebenfalls eine ehemalige Praktikantin und ein ehemaliger Praktikant im „Season“ zum Abendessen und Absacker. Zwischenzeitlich sind sie sehr erfolgreiche Unternehmer und vertreiben aktuell Wurstwaren. Ihre Produktionsstätte befindet sich in Salessije (Zales’e). Angefangen haben sie vor Jahren mit einem Gewürzhandel.Beide haben uns während dieser Reise finanziell sehr unterstützt, abends zum Essen eingeladen und auch die Taxifahrt von Danzig nach Kaliningrad bis vors Hotel bezahlt.

Montag, der 30. Januar 2023
Zum Frühstück treffen wir uns nochmals mit Viktoria Schumilina, Anna Anzuta.  und Tatjana Pavlova zu unserem letzten Gespräch. Es geht vor allem um die Unterstützungsmöglichkeiten des Projektes Haus Chance durch den Förderverein.Die Zahlung von Patenschaftsgeldern ist wohl möglich, da es sich um persönliche Kontakte handelt.

Von 12:00 Uhr bis 13:00 Uhr besuchen wir die Leiterin der Agentur für internationale und interregionale Beziehungen der Kaliningrader Regierung, Ala Ivanova. Leider ist die Leiterin erkrankt, so dass wir von ihrer Vertretung Liana Maximowa empfangen werden.  Das Projekt Haus Chance ist ihr bekannt. Sie selbst hat auch Interreg Projekte betreut.

Interreg ist eine Gemeinschaftsinitiative des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), welche auf die Förderung der Zusammenarbeit zwischen EU-Mitgliedstaaten und benachbarten Nicht-EU-Ländern abzielt.Nach wie vor wird der Kontakt zu NGO’s befürwortet. Die Russische Föderation befürwortet die Aufrechterhaltung dieser Kontakte. Sergej Saez und Natascha Dobrovolskaja sind ihr persönlich bekannt.

Am Montag besuchen wir auch den deutschen Generalkonsul Hans Günther Mattern in seinem Amtssitz. Es ist ein interessantes Gespräch über die Möglichkeiten unserer Arbeit in Kaliningrad: Der zivilgesellschaftliche Austausch ist von offizieller deutscher Seite nach wie vor erwünscht, denn Es gibt immer ein Danach! wie Wolfgang Apitz sagt.
Die Vertretung Brandenburgs in Kaliningrad wurde zum 31.12.2022 geschlossen, da deren Vertreter Herr Dr. Stein plötzlich und unerwartet verstorben ist.

Lettland hat sein Büro ebenfalls geschlossen. Litauen, Polen und die BRD sind vor Ort noch durch eine Repräsentanz vertreten. Litauen stellt selten Visa aus, wenn, dann nur Transitvisa für Russen!

Russland behindert die Arbeit der Repräsentanzen. Ein Visum für Deutschland ergibt keine absolute Sicherheit für die Einreise nach Deutschland. Der kontrollierende Beamte bei der Einreise entscheidet letztendlich, ob die Einreise erlaubt ist oder nicht.

Die Kaliningrader Ministerien können beschließen, was sie wollen. Wenn es dem FSB (Inlandsgeheimdienst der Russischen Föderation) nicht gefällt, hat das Ministerium keinerlei Möglichkeiten, diese Beschränkungen zu umgehen oder sogar aufzuheben. Man muss also „Unter dem Radar bleiben“ und darf in der Öffentlichkeit nicht auffallen, weil man ansonst als „Ausländischer Agent“ disqualifiziert wird und möglicherweise auch mit einer Einreisesperre belegt wird.

Diese Umstände machen eine Hilfe sehr schwierig. Haus Chance kann also von uns keine finanzielle Unterstützung erhalten, weil sie dadurch auch in große Schwierigkeiten kommen können und z.B. jeglicher staatlicher Unterstützung verlustig gehen könnten. Des Weiteren sind nach wie vor keine Hospitationen oder Praktika des Kaliningrader Personals in Lübeck oder Umgebung möglich.

Wir können also nur über Umwege finanziell unterstützen, damit die Herkunft unseres Geldes in der Buchführung nicht nachvollzogen werden kann. Zum Mittagessen mit Tatjana Pavlova treffen wir uns in der Pizzeria „Papscha Beppe“, ganz in der Nähe des ZOB.

Mit 2 Stunden Verspätung fahren wir um 17:00 Uhr mit dem Linienbus von Kaliningrad nach Danzig. Mit der Verspätung einbezogen hat die Fahrt von Kaliningrad nach Danzig 7 Stunden gedauert. Für die Grenzabfertigung benötigten wir 1,75 h (1 h auf der russischen und 0,75 h auf der polnischen Seite). Das Gepäck wurde durchleuchtet, wir wurden aber nicht gefilzt. Wir kommen gegen 22:00 Uhr in Danzig ganz in der Nähe des Bahnhofs und des Hotels „Craft Beer Center Hotel“ an. Nach einem kleinen Abendessen und einem Schlaftrunk (Bier) geht es auf die Zimmer.

Am nächsten Morgen fahren wir nach einem guten Frühstück pünktlich um 09:31 Uhr mit dem Eurocity nach Berlin. Gudrun hat damit ihr Ziel erreicht. Irina und ich steigen in unseren Anschlusszug nach Hamburg und von dort nach Lübeck um. Wir sind froh, nach dieser erlebnisreichen Reise wieder zuhause zu sein.

Alle Kaliningraderinnen und Kaliningrader, mit denen wir gesprochen und uns ausgetauscht haben, haben sich über unseren Besuch sehr gefreut, es waren 25 liebe Menschen.

Theodor Siebel  Oldenburg, den 27. März 2023

Bericht als PDF anzeigen

Reisebericht nach Kaliningrad vom 10. bis 14. Februar 2020 von Dr. med. H. Theodor Siebel

Teilnehmer*innen:
Prof. Gudrun Schmidt-Kärner (Vorsitzende)
Irina Beberniß (Schriftführerin)
Dr. med. H. Theodor Siebel (Schatzmeister)

10.02.2020:
Am Montagmorgen, dem 10.02.2020 treffen Irina Beberniß und Theodor Siebel gegen 05:00 Uhr auf dem Flughafen in Hamburg ein. Der Sturm Sabine zieht zu dieser Zeit über Norddeutschland Richtung Südosten ab. Zahlreiche Flüge werden deshalb storniert. Der Flughafen wirkt fast wie leergefegt. Auch wir haben Sorge, dass wir wegen des Sturmes unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren müssen. Aber unser Flug startet pünktlich um 7:00 Uhr Richtung Warschau. Nach wohlbehaltener Landung gegen 8:30 Uhr treffen wir Gudrun Schmidt-Kärner, die von Berlin aus in Warschau eintrifft. Gemeinsam fliegen wir dann um 11:05 Uhr in Warschau ab und treffen um 13:10 Uhr (Ortszeit) in Kaliningrad ein. Dort holt uns Tatjana Pavlova am Flughafen ab und bringt uns ins Hotel Moskwa.

Nach dem Einchecken gehen wir gemeinsam zum Essen ins Restaurant Parmesan, um uns vom nächtlichen Aufstehen und dem Flug zu erholen.

Treffen im Hanse-Office mit Wassilij Issaev, Geschäftsführer des Fonds Offene Welt
Wir haben unser erstes Gespräch mit dem neuen Geschäftsführer Wassilij Issaev im Hanse-Office gemeinsam mit Tatjana Pavlova und Tatjana Woloschina. Wassilij Issaev berichtet uns über die neuen Entwicklungen im „Haus Chance“. Im Oktober 2019 ist die bisherige Geschäftsführerin, die seit 2014 dieses Amt bekleidet hat, aus persönlichen Gründen ausgeschieden. Pavel Marataev, stellvertretender Geschäftsführer, hat daraufhin die Leitung bis zur Neuwahl eines Geschäftsführers übernommen. Wegen enormer beruflicher Belastung stand er auf Dauer als Nachfolger für Elena Antipova nicht zur Verfügung.

 

11.02.2020:
Gespräch im Haus Chance mit den Mitarbeiterinnen
Hier stellt sich ein großer Umbruch dar. Pavel Marataev , stellvertretender Geschäftsführer, hat im Oktober 2019 die Geschäftsführung übernommen. Inzwischen hat der Arbeitsaufwand derart zugenommen, dass diese Geschäftsführertätigkeit neben seinem hauptberuflichen Engagement nicht mehr zu bewältigen ist. Deshalb hat Wassilij Issaev die Aufgabe des Geschäftsführers zum 01.03.2020 übernommen.

Gespräch im Haus Chance mit den Mitarbeiterinnen

Anzumerken ist, dass Wassilij Issaev 1991 bei der ersten Hilfslieferung aus Lübeck für Gudrun Schmidt-Kärner einer der ersten Ansprechpartner war. Damals war er Leiter eines sehr notleidenden Kinderheims in Kaliningrad. Durch die Hilfslieferungen wurde in seinem Heim die größte Not gelindert. Diese Unterstützung des Heims durch die Lieferung von Hilfsgütern aus Lübeck wurde über 10 Jahre, bis 2001 aufrechterhalten.

 

Gespräch mit der Leiterin der Agentur für internationale und interregionale Beziehungen der Kaliningrader Regierung. Alla Ivanova
In Begleitung von Tatjana Pavlova

Wir werden von der Leiterin der Agentur freundlich empfangen. Im Zentrum unseres Gesprächs steht die Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen aus Schleswig-Holstein und Kaliningrad.

Gespräch mit der Leiterin der Agentur für internationale und interregionale Beziehungen
der Kaliningrader Regierung Frau Alla Ivanova

In diesem Zusammenhang werden drei deutsch-russische Termine besprochen:

  1. Besuch der Wirtschaftsdelegation aus Lübeck auf Einladung des Gouverneurs Alichanov. Hier sei man auf russischer Seite in Abstimmungsgesprächen und der Suche nach entsprechenden Gesprächspartnern, wie z.B. IHK Kaliningrad oder Fonds für die Entwicklung der Unternehmenspolitik. Geplant sei in der kommenden Woche eine Person zur Bearbeitung der Koordination zu bestimmen.
  2. Petersburger Dialog (international) in Kaliningrad vom 29. – 30.10.2020: Es soll eine Kommunikationsplattform für die politischen und wirtschaftlichen Themen der russisch-deutschen Zusammenarbeit zur Verfügung gestellt werden.
  3. 14.05.2020 findet eine Untergruppe zum Petersburger Dialog in Lübeck statt. Der Bürgermeister hatte uns im Gespräch vom 14. Januar 2020 gebeten, diesen Termin beim Gespräch mit dem Kaliningrader Bürgermeister anzusprechen und auch sein Interesse an einer Intensivierung der Kontakte beider Städte zu bekunden.

 

Gespräch mit Frau Anna (Olegowna) Budarina, Leiterin des Instituts für Bildung der Baltischen Föderalen Immanuel-Kant-Universität zu Kaliningrad.
In Begleitung von T.Pavlova und T.Woloschina.

Wir stellen unser Projekt Neue berufliche. Perspektiven in der Altenpflege vor. Frau Budarina zeigt ihr Interesse, in erster Linie für Psychologie-Student*innen, die an einem Praktikum mit dem Schwerpunkt Bildung teilnehmen können. Es geht aber nicht um ein Praktikum in der Sozialarbeit, sondern um die Frage, wie die kognitiven Fähigkeiten auch im Alter noch gefördert werden können.

Gespräch mit Frau Anna Budarina, Leiterin des Instituts für Bildung der
Baltischen Föderalen Immanuel-Kant-Universität zu Kaliningrad.
in Begleitung von T. Pavlova unf T. Woloschina vom HanseOffice.

 

Im April nehmen 3 Student*innen an dem Einführungspraktikum im Altersheim von Dr. Morosov in Otradnoje (2-3 Wochen) teil. Wir übernehmen die Fahrtkosten zwischen Otradnoje und Kaliningrad. Im Juli nehmen diese 3 Student*innen und 1 Lehrkraft am Praktikum in der Alzheimer-Gesellschaft in Lübeck teil. Der Förderverein übernimmt auch hier die Reisekosten, Unterbringung, Taschengeld für Essen, Transfers und Dolmetscher. Eine mitfahrende Studentin kann aufgrund ihrer sehr guten Deutschkenntnisse als Dolmetscherin tätig sein.

 

Die Baltische Föderale Immanuel-Kant-Universität zu Kaliningrad.

In der 3. Oktober-Woche findet in der Baltischen Föderalen Immanuel-Kant-Universität zu Kaliningrad die Woche der Psychologie statt, eine Bildungsveranstaltung mit Vorträgen, Workshops usw. Im Rahmen dieser Veranstaltung kann ein Vortrag des Fördervereins unter dem Thema „Förderung der kognitiven Fähigkeiten im Alter unter besonderer Berücksichtigung der Demenz-Erkrankung und Steigerung der Lebensqualität“ stattfinden. Zusätzlich oder auch alternativ stellen die Student*innen ihre Ergebnisse und Erfahrungen aus den Praktika vor.

Unsere Kontaktperson zur Baltischen Föderalen Immanuel-Kant-Universitä ist Frau Ksenia Degtjarenko, u.a. Managerin für die Bildungsprogramme für Psychologie-Student*innen.

 

Treffen mit der Vertreterin des NGO – Fonds „Shisn“/“Leben“ Frau Inna (Markovna) Titova, Dozentin an der Staatliche Technische Universität Kaliningrad
In Begleitung von T.Pavlova und T.Woloschina

Frau Titova vertritt die abwesende Leiterin des Fonds Shisn, Gerontologie-Ärztin Frau Natalia Pronevich. Zurzeit führt der Fonds sein Projekt, gefördert von der Russischen Präsidenten-Stiftung, für die gesunde Ernährung der alten Menschen durch. Der Fonds Shisn wird gern an einer Bildungsveranstaltung oder einem Workshop im Herbst in Kaliningrad teilnehmen. Interessant wären für ihn der Austausch im Bereich der Ernährung der alten Menschen oder Informationen zur Planung der Ernährung in deutschen kleineren Altersheimen. Der Fonds Shisn kann selbst einen Vortrag zum Thema Ernährung anbieten und ein eigenes Publikum (Leiter und Mitglieder der Veteranen-Organisation in Kaliningrad und der Region, Sozialarbeiter) einladen. Sie können gern auch zu der Veranstaltung des Sozialministeriums als Referenten oder Teilnehmer einen Beitrag leisten.

 

12.02.2020:
Gespräch mit der Ministerin für Sozialpolitik im Oblast Kaliningrad Angelica Maister
In Begleitung von T.Woloschina

In Russland erhalten die Frauen mit 60 Jahren und die Männer mit 65 Jahren Rente. Die Menschen sind aber länger arbeitsfähig. Gesellschaftlich erwartet man, dass die 60- bis 70-Jährigen noch arbeiten. Erst die 70- bis 80-Jährigen haben gesundheitliche Probleme und bedürfen der Hilfe zuhause.

Es wird an einer qualitativen Verbesserung des Gesundheitssystems gearbeitet. In diesem Zusammenhang soll sich auch die Beratung der Alten und Pflegebedürftigen verbessern. In Kaliningrad gibt es bereits 2 geriatrische Zentren. In der Stadt sind 30 Ärzte für Geriatrie tätig. Jetzt sollen die geriatrischen Zentren auch auf dem Lande entwickelt werden. Hier sind sogenannte Brigadeteams tätig, bestehend aus Mediziner*innen und Sozialarbeiter*innen. Es gibt keine spezielle Ausbildung zur*m Sozialarbeiter*in. Diese Qualifikation wird in einzelnen Kursen vermittelt. Die Grundausbildung für diese Arbeit erfolgt an der Akademie der staatlichen Dienste im Oblast Kaliningrad.

In der Praxis zeigen sich Schwierigkeiten bei der Arbeit der Sozialarbeiter*innen mit alten und pflegebedürftigen Menschen, also in der Geriatrie. Im Umgang mit dementen pflegebedürftigen Menschen besteht laut der Ministerin ein großes Defizit. Aktuell werden über 50-jährige Arbeitslose zur Betreuung der alten Menschen ausgebildet. Aber im Umgang mit an Demenz Erkrankten fehlt sowohl das Wissen als auch die Erfahrung. Oberstes Ziel ist es, die ambulante Pflege so lange wie möglich zuhause durchzuführen, erst wenn dieses nicht mehr machbar ist, kann die Unterbringung in einem Heim erfolgen.

Gespräch mit der Ministerin für Sozialpolitik im Oblast Kaliningrad Frau Angelica Maister

Die Familien sollen im Umgang mit dementen Angehörigen geschult werden. In der Oblast Kaliningrad gibt es 5 Altersheime und 7 psychoneurologische Heime sowie 9 private Altersheime. letztere sind auf sich gestellt. Insgesamt leben 2’000 bis 3’000 Menschen in Heimen und ca. 3’000 Menschen werden zuhause von den medizinischen Instituten der kommunalen Dienste versorgt. Hier gibt es ca. 30 nichtkommerzielle Einrichtungen. Die Diagnose Demenz wird nicht oft gestellt. Die Ministerin für Sozialpolitik sieht ein großes Defizit im Umgang mit den Alten und Pflegebedürftigen. Deshalb möchte sie sehr gerne ein Zentrum für die Ausbildung in der Altenpflege gründen.

Aus diesem Grunde sollen zwei über 50-jährige Arbeitslose, die zur Betreuung der alten Menschen ausgebildet werden, zu einem zwei- bis dreiwöchigen Praktikum im September 2020 nach Lübeck kommen. Außerdem sollen 2 Jugendliche aus dem Haus Chance ebenfalls zur gleichen Zeit zum Praktikum nach Lübeck kommen. Hier verfolgt der Förderverein auch das Ziel, den Beruf der/ des Altenpflegers*in auch bei den Jugendlichen als attraktive alternative Berufsausbildung darzustellen, um so Jugendliche aus der Arbeitslosigkeit zu holen.

In der 3. Oktoberwoche sollen Dozent*innen aus Deutschland auf einem Symposium in Kaliningrad über Altenpflege mit besonderer Berücksichtigung der Demenzerkrankung referieren. Im Dezember 2020 soll dann in Kaliningrad ein Runder Tisch mit allen Beteiligten als Abschluss dieser Veranstaltungsreihe stattfinden und zugleich auch einen Ausblick auf die weitere Entwicklung der Altenpflege mit besonderer Berücksichtigung der Demenzerkrankung in Kaliningrad geben.

 

Besuch des Deutschen Generalkonsuls in Kaliningrad, Herrn Hans Günther Mattern
In Begleitung von T. Woloschina.

Besuch des Deutschen Generalkonsuls in Kaliningrad Herrn Hans Günther Mattern in Begleitung von T. Woloschina vom HanseOffice.

Ab August 2020 findet das Deutschlandjahr in Russland statt!

Wir stellen dem Generalkonsul unser Anliegen vor:

  • Ausbildungsplätze in der Altenpflege schaffen
  • Respektvoller Umgang mit den alten und gebrechlichen Menschen
  • Die Ausbildung zur Altenpflegerin/ zum Altenpfleger implementieren

Besuch des Deutschen Generalkonsuls in Kaliningrad Herrn Hans Günther Mattern in Begleitung von T. Woloschina vom HanseOffice.

Der Generalkonsul versichert uns seiner Unterstützung beim Aufbau und der Durchführung unseres Projektes Neue berufliche Perspektiven in der Altenpflege.

 

Gespräch im Haus Chance mit dem Geschäftsführer Wassilij Issaev:

Wassilij Issaev zeigt sich besorgt wegen der Auslastung der Belegung von Haus Chance. Es könnten mehr Jugendliche betreut werden.

Anna Antcuta arbeitet seit 10 Jahren im Projekt und ist auch Dozentin am Institut für Bildung der Baltischen Föderalen Immanuel-Kant-Universität zu Kaliningrad. Sie hat den inhaltlichen Teil des Förderantrags an den Präsidentenfonds Russlands zusammengestellt und die NGO Offene Welt hat zwischenzeitlich Ende Februar 2020 auch einen Förderbescheid für die Zeit vom 01.03.2020 bis zum 28.02.2021 über 2’167’620 Rubel, entsprechend 27’528 €, erhalten.

 

Vorstandsitzung der „Offenen Welt“ im Hanse-Office

Wassilij Issaev wird ab dem 01.0.3.2020 einstimmig zum Geschäftsführer gewählt. Haushalt 2019 und 2020 sowie Stellenplan werden vom Vorstand des Fonds Offene Welt einstimmig beschlossen.

 

13.02.2020
Treffen mit einer Studentin des Institut für Bildung der Baltischen Föderalen Immanuel-Kant-Universität, Hospitantin im Projekt „Alterspflege“ im Hanse-Office

Die Studentin wird auch im Herbst mit zwei weiteren Student*innen an einem Pflegepraktikum in Lübeck teilnehmen. Sie wird in der Vorbereitung zu diesem Praktikum im Herbst die Mitreisenden unterrichten.

 

Gespräch mit dem Bürgermeister der Stadt Kaliningrad Alexej Silanov.
In Begleitung von T.Pavlova

Lübecks Bürgermeister, Jan Lindenau, hatte uns einen Gruß für seinen Amtskollegen in Kaliningrad und eine Großpackung der Lübecker Spezialität (Lübecker Marzipan) mitgegeben. Jan Lindenau möchte den Kontakt auch auf offizieller Ebene intensivieren. Diese Botschaft wurde in Kaliningrad wohlwollend aufgenommen.

Gespräch mit dem Bürgermeister der Stadt Kaliningrad Alexej Silanov.

 

Abfahrt zum Altersheim nach Otrandnoje. Treffen mit Dr. Igor Morosov, Leiter des Altersheims in Otradnoje „Dobryj Dom“
In Begleitung von T. Woloschina

Aktuell bewohnen 40 Frauen und Männer das private Altenheim, von denen viele Menschen an Demenz erkrankt sind. Maximal können in diesem Heim 49 – 50 Menschen wohnen. Außerdem bietet es auch Tagespflege in seinen Räumen an, anscheinend unserer Tagesklinik entsprechend.

Ein Heimplatz kostet 32’000 Rub im Monat, entsprechend 406,00 € im Monat. In staatlichen Altersheimen haben nur kinderlose Menschen, für die niemand sorgt, Zugang. Dort werden 75% der Rente als Gebühr erhoben.

Kinder müssen für ihre Eltern sorgen und sie betreuen. Kinderlose Menschen sind auf die staatliche Fürsorge angewiesen.

Im Oblast Kaliningrad stehen relativ viele Hotels leer, sei’s ältere oder auch neu gebaute. Obwohl diese Bauten als Altenheime nicht geeignet sind, werden sie trotzdem hierfür genutzt.

Laut Dr. Morosow gibt es noch keine staatlichen Anforderungen an den Bau und die Ausstattung von Altenheimen.

3 Psychologie-Student*innen können bei Dr. Morosow im April 2020 für 2 Wochen hospitieren. Der Förderverein übernimmt die Kosten für den Transport Kaliningrad <=> Otradnoje, Sibirskij Gasse, 3.

Dr. Morosow setzt sich in seinem Heim dafür ein, die kognitiven Fähigkeiten der an Demenz erkrankten Bewohner*innen zu diagnostizieren und auch zu fördern und die Menschen nicht nur zu verwahren. Er spricht auch die an Demenz erkrankten Menschen auf Erlebnisse und Fakten aus ihrer Kindheit und frühen Erwachsenenzeit an, wodurch dann Aktivitäten bei den betroffenen wie Singen oder Sprechen mit anderen Bewohnern ausgelöst werden; als ob die Betroffenen wach würden und wiederaufleben.

Im Oktober wird Dr. Morosow auf dem geplanten Workshop einen Vortrag zu diesem Thema halten.

 

14.02.2020
Abschlussgespräch im Hanse-Office mit Wassilij Issaev

Der Förderverein will einen Projektantrag an das Außenministerium stellen.

Unsere Partner in Kaliningrad sind:

  • NGO „Shisn“/“Leben“
  • Baltische Föderale Immanuel-Kant-Universität zu Kaliningrad.
  • Ministerium für Sozialpolitik, Ministerin A.V. Maister
  • Igor Morosov, Leiter des Altersheims in Otradnoje „Dobryj Dom“
  • Fonds Offene Welt, Geschäftsführer Wassilij Issaev, Haus Chance

Im April 2020 hospitieren 3 Student*innen der Psychologie bei Dr. Morosow für 2 Wochen in Vorbereitung auf die Hospitation in Lübeck im Juli 2020. Dr. Morosow ist damit einverstanden.

Im September 2020 kommen 2 Frauen, die eine Umschulung zur Pflege im Technikum Sovetsk absolvieren und auch 2 Jugendliche aus dem Haus Chance nach Lübeck. Die Fahrtkosten für die beiden Frauen aus Soviets übernimmt das Ministerium für Sozialpolitik.

In der 3. Oktoberwoche findet in Kaliningrad an der Baltischen Föderalen Immanuel-Kant-Universität eine Psychologie-Konferenzwoche statt. Es stellt sich die Frage, ob im Rahmen dieser Konferenzwoche unsere Veranstaltung Pflege und Umgang mit alten Menschen unter besonderer Berücksichtigung der Demenzerkrankung stattfinden kann.

Auf dieser Veranstaltung wollen wir unsere Ergebnisse im Rahmen folgender möglicher Formate präsentieren

  • Workshop?
  • Vorträge der Student*innen?
  • Seminare?

Anya Krebber, Ergotherapeutin, berichtet über die Ergotherapie unter besonderer Berücksichtigung der Demenzerkrankung.

Heidemarie Juhl-Damberg, Alzheimer Gesellschaft Lübeck e.V., berichtet über die Demenzerkrankung. Und die Student*innen der Psychologie berichten im Rahmen ihrer Studienjahrarbeit über die Erfahrungen und Erlebnisse in ihren Praktika.

Organisator und Ausrichter dieser Konferenzwoche ist die Baltische Föderale Immanuel-Kant-Universität zu Kaliningrad.

Im Dezember 2020 ist ein Runder Tisch in Kaliningrad unter der Leitung der Ministerin für Sozialpolitik Frau A.V. Maister als Abschlussgespräch der Beteiligten Institutionen geplant. Dann soll auch eine Entscheidung über den weiteren Verlauf dieses Projektes getroffen werden. Zwischenzeitlich haben alle Partner, sowohl auf deutscher als auch russischer Seite, die nachfolgende Absichtserklärung unterzeichnet.

 

Absichtserklärung

 

Hiermit bestätigen wir unsere Zusage und Interesse, das Projekt „Neue berufliche Perspektive in der Altenpflege“, Projektnummer 102, das auf die Ausbau der Hilfe für ältere Menschen gerichtet ist, gemeinschaftlich im Laufe des Jahres 2020 auszuarbeiten und umzusetzen, mit folgenden Partnern:
Förderverein für Jugendbildung und Wirtschaftsbeziehungen Norddeutschland Kaliningrad e.V.
AWO Landesverband Schleswig-Holstein e.V.
Alzheimer Gesellschaft Lübeck e.V.
Ergopraxis Anya Krebber
Ministerium für Sozialpolitik der Regierung des Kaliningrader Gebiets
Institut für Bildung der Baltischen Föderalen Kant-Universität,
Wohltätigkeitsfonds zur Hilfe für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche „Offene Welt“
Fonds zur Unterstützung der Patienten „Zshisn“/ Leben
Pflegeheim „Dobriy Dom“ für Altenpflege (GmbH),

gez. H. Theodor Siebel

Reisebericht nach Kaliningrad vom 22.09.2019 – 27.09.2019 von Frau Prof. Schmidt-Kärner

Teilnehmerinnen: Irina Beberniß, Anya Krebber, Prof. Gudrun Schmidt-Kärner (Verfasserin des Berichtes)

22.09.2019: Flug über Riga nach Kaliningrad, Ankunft im Hotel in Kaliningrad am 23.09.2019 um 0.30 Uhr

23.09.2019: Am Montagvormittag beginnt der Besuch mit einem ersten Gespräch im Hanse-Office über das weitere Programm und den Umzug des Hanse-Office zum Ende der Woche. Mittags halte ich im Deutsch-Russischen Haus einen Vortrag über unser Projekt Haus Chance. Irina übersetzt. Zuhörer sind Teilnehmer/innen einer Kultur- und Sprachreisegruppe der Russlanddeutschen mit internationalen Gästen und auch aus ganz Russland. Das Projekt Haus Chance ruft viele positive Reaktionen hervor. Wir können viele Flyer verteilen. Auch finanzielle Hilfe wird angeboten.

Am Nachmittag erfolgt ein erster Besuch im Haus Chance. Außerdem berichten wir auch über unsere Vereinsarbeit und über die Schwierigkeiten neue und auch junge Mitglieder zu finden. Am Abend geht es dann wieder in das Deutsch-Russische Haus zur feierlichen Eröffnung der Kulturwoche des Verbandes der Russlanddeutschen. An diesem Abend gibt es ein erstes Zusammentreffen mit dem neuen deutschen Generalkonsul Hans-Günter Matern.

24.09.2019: Am Vormittag findet der offizielle Termin im Deutschen Generalkonsulat in Begleitung von Tatjana Pavlova statt. Das ist eine gute Gelegenheit, um den Konsul über unsere Arbeit zu informieren.

Am Nachmittag findet dann ein Treffen mit den jungen Teilnehmerinnen der geplanten Hospitation in Altersheimen Ende Oktober in Lübeck statt. Die jungen Frauen sind motiviert und Jana spricht ein gutes Deutsch und war schon zum Studium in Deutschland. Am Abend treffen wir uns mit 8 ehemaligen Praktikant/innen beim Abendessen zum Gedankenaustausch.

25.09.2019: Fahrt mit Tatjana Pavlova zum Altersheim in den Vorort Otradnoje (Georgenswalde) von Swetlogorsk (Rauschen). Dort gibt es ein kleines Museum des Bildhauers Herman Brachert (1890-1972). Dr. Morosov, der Leiter und Besitzer des Altersheimes berichtet von seinen ersten Monaten in diesem neuen Heim. Er hat es im April 2019 eröffnet. Nachdem er viele Jahre als medizinischer Leiter in verschiedenen Altersheimen tätig war, will er nun ein eigenes neues Konzept entwickeln und sich vor allem um Demenz-Erkrankte kümmern. Das Heim, das erst zur Hälfte belegt ist, wird uns gezeigt und auch die Umgebung, wo die Bewohner bis zur Steilküste an die Ostsee spazieren gehen können. Bei unserem Gespräch geht es um den „Ausbau in der Zusammenarbeit der Altenpflege“ und um die fünftägige Hospitation in Lübeck in der letzten Oktoberwoche 2019.

Um 16.00 Uhr sind wir dann im Museum Königstor in Kaliningrad mit Frau Dr. Nina Peretyaka und der Museumsdirektorin zur „Teestunde mit Karamsin“ verabredet. Nikolai Michailowitsch Karamsin (1766-1826) war ein bekannter russischer Schriftsteller und Historiker. Im Museum Königstor gibt es zurzeit eine große Ausstellung über seine Reisen durch Europa. Er war auch 1789 in Königsberg und traf dort mit Immanuel Kant zusammen. Wir werden durch die sehr informative Ausstellung geführt. An dem im Museum stehenden runden Tisch haben sich auch Wladimir Putin und Gerhard Schröder zur 750 Jahrfeier 2005 getroffen. Es gibt ein Erinnerungsbuch, in das ich mich auf Wunsch der Museumsdirektorin eintrage.

Anschließend fahren wir zu einem Treffen des Kaliningrader Rotary Clubs. Ich wurde kurzfristig gebeten auch dort über das Projekt Haus Chance zu sprechen. Auch hier bekommen wir den Hinweis, dass der Club uns finanziell unterstützen werde.

Am Abend erleben wir den Preview des Films „Kaliningrader/Königsberger Quest“ im Sackheimer Tor, von der deutschen Filmregisseurin Irina Röhrig. Der Film wurde im Rahmen der Russlanddeutschen Kulturwoche gezeigt. Anschließend folgen wir noch einer Einladung des Generalkonsuls Herrn Matern zum Abendessen, zusammen mit anderen Freunden von Irina Röhrig.

26.09.2019: Den ganzen Tag fühten wir Arbeitsgespräche im Haus Chance. Die Absage des Workshops in Kiel zur Jubiläumsfeier ist auch Thema und wir schlugen vor, dass die ausgewählten 3 Jugendlichen im nächsten Jahr mit den Pädagogen nach Schleswig- Holstein kommen sollen. Die Jugendlichen sind anwesend. Andere ehemalige Betreute berichten von ihrem Leben. So z.B. Oxana, 30 Jahre alt, deren Sohn (3.Klasse Grundschule) hatte Krebs. Ihm wurde ein Arm amputiert. Dank der finanziellen Hilfe von Elena Senkova und Pavel Marataev (ehemalige Praktikant/innen und jetzt Vorstandsmitglieder in Offene Welt) und einem Paten aus Lübeck geht es der Familie jetzt nach sehr schweren Jahren viel besser. Es gibt noch 2 weitere Kinder in der Familie. Der behinderte Sohn ist jetzt für eine Prothese angemeldet. Weitere schwierige Fallbeispiele werden von den Pädagogen vorgestellt. Sie belegen immer wieder, welch große Bedeutung das Projekt HausChance für diese benachteiligten Jugendlichen hat.

Am Abend bei der Vorstandssitzung „Offene Welt“ wird wieder ausführlich und intensiv über die Zukunft des Projektes diskutiert. Anwesend sind Pavel Marataev, Elena Senkova, Tanja Woloschina, Wassili Isaev und der Vorsitzende Leonid Plitman. Es wird die Entscheidung des Vorstandes getroffen, dass Elena Antpova zum 20. Oktober in den Mutterschutz geht, das ist die Verantwortung des Vorstandes als Arbeitgeber für die Schwangere. Pavel Marataev übernimmt übergangsweise die Geschäftsführung, bis eine Nachfolge gefunden wird. Pavel hat diese Aufgabeschon früher zu Beginn des Projektes übernommen.

27.09.2019: Es findet ein letztes Treffen in den Räumen des Hanse-Office mit Rückblick auf die Woche und die zukünftigen Aufgaben in Kaliningrad und Lübeck statt. Dann besichtigen wir noch die neuen Büroräume, denn leider müssen unsere beiden Mitarbeiterinnen umziehen. Der Raum ist in einem Bürohaus nicht weit vom Hotel Moskwa, was für uns dann einfach zu erreichen ist.

Um 15.00 Uhr erfolgt die Abfahrt mit dem Taxi zum Flughafen. Flug mit Lot über Warschau nach Hamburg und Berlin.

Prof. Gudrun Schmidt-Kärner

Reisebericht von Frau Prof. Schmidt-Kärner und Herr Dr. med. H. Theodor Siebel

Reise vom 10.4.2019 – 13.4.2019

 

 

10.04.2019

Gute und sichere Reise mit Alexej in seinem BMW X3 von Berlin (Abfahrt um 7:00) Uhr nach Kaliningrad. Ankunft und Einchecken im Hotel Moskwa gegen 18:00 Uhr.

Abends fand ein gemeinsames Essen im Parmesan mit Tatjana Pawlowa und Tatjana Woloschina statt.

11.04.2019

Tatjana Woloschina holt uns im Hotel ab. Im Hanse-Office treffen wir uns zum Gespräch mit Dr. Igor Morozov (Dermatologe, Altenpfleger), der hervorragend Deutsch spricht, aber keine deutschen Wurzeln hat.

Dr. Igor Morozov hatte 1991 erste Kontakte zu Deutschen. In der Vergangenheit hat er bereits ein großes Altenheim in Papenburg besucht und sich dort das gesamte Sozialwerk angesehen. Außerdem hat er in der Vergangenheit auch die Lebenshilfe in Bonn besucht.

Eine Woche hat Dr. Igor Morozov mit seinen Mitarbeiterinnen in Neu-Dittelsau (Europainstitut für Altenpflege) hospitiert, wobei auch die Sterbebegleitung ein wesentliches Thema war. Das Altenheim in Sastrowje, welches Igor Morozov plant, soll 230 Betten betreuen inklusive einer besonderen Gruppe mit dementen Bewohnern und Bewohnerinnen.

In Russland lebten und leben geistig behinderte Menschen ab dem 18. Lebensjahr im Altenheim. Im Altenheim arbeiten Krankenschwestern und ungelernte Kräfte wie Putzfrauen in der Versorgung der Alten, die keinerlei Sachkenntnis im Umgang mit an Demenz erkrankten haben.

Aktuell ziehen immer mehr alte Menschen in die Oblast Kaliningrad, das sind vor allem Wolga-Deutsche, die nur russisch sprechen, so aber durch die geographische Lage wesentlich leichter Kontakt zu ihren z.T. in Deutschland lebenden Kindern aufnehmen können, ohne in eine für sie komplett andere Kulturregion umzuziehen.

Aktuell leitet Igor Morozov ein altes Hotel mit 82 Zimmern und 50 Bewohner/innen als Altenheim. Igor Morozovs Altenheim ist eine GmbH. Es gibt 6 – 7 private Altenheime im Oblast Kaliningrad, z.T. sind keine Fahrstühle und auch kein Feuerschutz vorhanden.

Er möchte für eine Woche im Herbst mit 3 Mitarbeiter/innen plus 2 Jugendlichen aus dem Haus Chance in Deutschland hospitieren unter dem besonderen Schwerpunkt der Demenz. Wir müssen eine entsprechende Einrichtung suchen: über Wolfgang Baasch bei der AWO.

In Russland gilt jetzt auch das Subsidiaritätsprinzip § 448. Die Umsetzung ist noch schwierig. Aktuell ist in den Niederlanden eine vorbildliche Entwicklung angestoßen worden: Hier werden die ambulante Pflege und die Betreuung der Alten in das kommunale Leben der Gemeinde eingebettet, sodass die Klienten weiterhin in ihrer bekannten Umgebung verbleiben können.

Sollte die Zusammenarbeit sich entwickeln, werden wir auch das Sozialministerium mit Ministerin Frau Meister darüber informieren. Sie hat mir gegenüber deutlich ihr Interesse gezeigt.

Gespräch im Hanse-Office über die Jubiläumsfeierlichkeiten in Kiel im Dez. 2019

Im Dezember 2019 sollen zum Besuch des Gouverneurs Anton Alichanow insgesamt 3 Jugendliche aus Haus Chance mit einer Begleitung sowie 2 deutschsprechenden Studenten/innen, also insgesamt 6 Personen für eine Woche nach Schleswig-Holstein kommen. Später planen wir eine Betreuerin mehr ein. Anmerk.: Inzwischen hat Kiel die Finanzierung für 7 Personen für den 3.+ 4.12. in Aussicht gestellt.

Wir müssen ein Programm für die jungen Menschen für 2-3 Tage aufstellen. Ein Programmpunkt für einen Tag ist der Weihnachtsmarkt in Lübeck.

Bisher geplante Anreise: 29.11.2019

Bisher geplante Abreise: 5.12.2019

Wir sprechen noch die Zusammenarbeit der Häfen an. Auch in Bezug auf Einladungen nach Lübeck zum Jubiläum des Memorandums zwischen SH und Kaliningrader Oblast im Dezember 2019

Das Hanse-Office wird trilateral finanziert: Landesregierung, IHK (Industrie und Handelskammer Schleswig-Holstein und Hamburg).

Gespräch im Haus Chance:

  • Die Mitarbeiterinnen des Hauses Chance sind der Überzeugung, dass ihre Arbeit in der Öffentlichkeit bekannt ist und keine Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit erfordert.
  • Das Familiencafe benötigt 70 € im Monat. 400 Euro im Jahr. Zurzeit fehlt diese Finanzierung. Ziel dieser Arbeit ist die soziale Integration und auch Teambildung. Die Veranstaltungen finden in der Regel am Wochenende statt. Der Förderverein sollte eventuell die Finanzierung übernehmen. Unser Vorstand prüft die Finanzierung. Gut wären 2 x 200 € im Jahr.
  • Das Familienstudio wird mit 10‘000 Rubel – 12‘000 Rubel im

Vierteljahr von Projekt ANNA (Sitz München) finanziert. Hier werden vor allem sportliche Aktivitäten organisiert.

  • Im Haus Chance gibt es neun Plätze, aktuell sind nur sieben Plätze belegt. 5 Plätze bewohnt und 2 werden für ehemalige Bewohner freigehalten, falls das Wohnen in der eigenen Wohnung scheitert.
  • Die aufsuchende ambulante Betreuung gewinnt zunehmende Bedeutung im Haus Chance.

An diesem Tag wurden 2 Familien in der Livankajastraße besucht.

  • Mutter und Vater und 3 Kinder leben in einer Einzimmerwohnung zusammen. Das Paar kennt sich seit dem 14. Lebensjahr im Kinderheim und ist auch seitdem zusammen. Der Mann hat Arbeit.
  • 2 Frauen wohnen zusammen. Tatjana Vassileva hat Tatjana Ralinikowa (Hepatitis C) mit Kind aufgenommen. Die aufgenommene Mutter mit Kind wird als Patenschaft für den Förderverein angedacht. Inzwischen bestätigt. Aufnehmende Tatjana arbeitet als Kaltmamsell. Sie hat großes Interesse im Dezember mit nach Deutschland zu den Feierlichkeiten 20 Jahre Memorandum Regierung SH und Oblast Kaliningrad zu kommen.

 

12.4.2019

Weitere Gespräche mit den Mitarbeiterinnen:

Ganz stabile Bindung zwischen den Betreuten im Haus Chance und den Betreuenden über Jahre, teils sogar über Jahrzehnte, wird deutlich bei einer „Kochschule“ am Nachmittag

Die Pädagogen wollen in 2020 zur Fortbildung nach Neustadt und Heiligenhafen kommen:

  • Vera Leiterin der Gruppe: (Buchhalterin, „Sozialarbeiterin“, Jura-Studium)
  • Ludmilla deutschsprechend, Heimkind,
  • Jekatharina Sozialarbeiterin
  • Anna Assuta (Psychologin), zusätzlich Nachtwache
  • Elena Antipova, Geschäftsführerin.

Elena Antipova bittet darum, für die Patenschaften kein Bargeld mehr mitzubringen, sondern die Beträge zu überweisen. Nach den Kosten der Auslandsüberweisung erkundigen. Abschließend habe ich darum gebeten, den Patenfamilien bei der Auszahlung des Geldes immer ein Informationsblatt auszuhändigen, dass die Zahlungen zeitlich begrenzt sind.

Im Gespräch mit den Mitarbeiterinnen des Hanse Office wurde vereinbart, dass die Unterstützungen dann dort bzw. einsam mit den Mitarbeiterinnen im Haus Chance ausgezahlt werden.

Dieses Thema der Patenschaften wird noch intensiv besprochen werden müssen. Vor allem auch bei unserer nächsten Reise im September.

Feuertreppe soll außen angebracht werden, die vorhandene Feuertreppe/Falltreppe lässt sich nicht verwenden. Stattdessen kann die vielleicht im Garten als Klettergerüst verwendet werden.

Treppe innen mit Brandschutzfarbe streichen. Pawel darum gebeten, dass er sich um die Durchführung kümmert.

Das Haus muss renoviert werden. Im Eingangsbereich sackt der Anbau ab. Von der Geschäftsführerin wurde diesbezüglich bereits ein Gutachten in Auftrag gegeben.

 

13.4. 2019

Rückreise ganz problemlos mit dem privaten Unternehmer Alexej

Dr. med. H. Theodor Siebel
Schatzmeister des
Fördervereins für Jugendbildung und Wirtschaftsbeziehungen Norddeutschland-Kaliningrad e.V.

 

 

Flug-Reise des neuen Vorstands nach Kaliningrad.

12 bis 15 Februar 2019

Begegnungen-Gespräche – Geschaffenes – Tour zu den Ursprüngen –Visionen –  Rominter Heide in winterlicher Pracht – ehrenvolle Auszeichnung – Bundesverdienstkreuz – Rauschen und Cranz – aufstrebende Ostseebäder nahe der Kurischen Nehrung.

 

1.Tag

Dienstag, 12. Februar 2019

Einen freudigen Empfang bot uns Elena Antipova (GF Geschäftsführerin im Haus „Chance“) am Flughafen KALININGRAD. Mit geräumigem Kleinbus erreichen wir – Irina Beberniß, Wolfgang Apitz, Theo Siebel und Jörg Siewers – das Hanse-Office-Büro von Tatjana Pavlova + Tanja Woloschina, den engagierten Mitarbeiterinnen.

Frischer Kaffee und Gebäck erwecken uns aus der Anreisemüdigkeit! Erfahren von Filmförderung mit Hamburg und Schleswig-Holstein, von unverändert gutem Austausch und Zusammenarbeit der hiesigen und KALININGRADER-Jugendringe, sowie von Wiedereröffnungs-plänen ???? des KALININGRADER-Flughafens DEVAU, Relikt aus dem Jahr 1919. Etabliert wurde hier bereits 1922 die erste Fluglinie über Riga nach Moskau.

Aufbruch sodann zum Haus „Chance“. Auch hier eine lebhafte Begrüßung mit Begehung der seit 15 Jahren bestehenden Einrichtung. Perspektivisch und lebensvorbereitend für Kinder und Jugendliche aus bedrängten Familienverhältnissen, geben hier zugewandte und einfühlsame Pädagoginnen, Betroffenen eine sichere, zeitbegrenzte Heimstatt.

 

Dank der Hilfe von Spenden ist der Bestand des Hauses auch im Jahr 2019 weiterhin gesichert!

Und………..Gudrun, mit Flug ab Berlin, trifft ein. Wir sind komplett.

Es folgt eine Sitzung der Mitglieder des Vorstands „Fonds Offene Welt“ mit Arbeitsbericht aus dem Jahr 2018, mit Arbeitsplänen für das Jahr 2019.

Zu später Stunde letztendlich, Einzug in das schon vielfach vom Förderverein gewählte Hotel „Moskva“. Leider nicht so begeisternd, das Abendessen in einem Hotel-seitigen Restaurant!

 

2 Tag

Mittwoch, 13. Februar 2019

KALININGRAD früh morgens, kühle Witterung. Rushhour, verstopfte Straßen westlicher Prägung.

Starten nach dem Frühstück mit einem gepflegten Sprinter, erreichen am Stadtrand die quer durchs Land, nach Osten führende Autobahn, diese jedoch mit geringerem Fahrzeugaufkommen. Vorbei an weitflächigen, landwirtschaftlich bestellten Feldern, Weiden, Wiesen und Wäldern, weiß bedeckt nach leichtem Schneefall, vorbei an gering besiedelten Ortschaften, erkennbar auch die eine oder andere Industriebrache, lenkt unser ruhig wirkender Fahrer, souverän den Wagen.

Erreichen die erste größere Stadt Tscherniakowsk/ Insterburg und beschließen einen Halt in der nächsten Stadt Gussev/Gumbinnen. Weiter Platz mit monumentalem Denkmal. Die nahe der Straßenkreuzung erbaute Basilika, erstrahlt in Farbenvielfalt.

Leider gebieten die regnerische Witterung und die noch vor uns liegende Weg-Strecke, nur einen kurzen Auslauf! Straßen begleitend, weiterhin große landwirtschaftliche Flächen. Trotz Schließung der Kolchosen Anfang der 90-ziger Jahre, gründeten sich allseits dennoch verstärkt Getreide- und Gemüseanbau.

Gudrun S.K. in Erinnerung an die Arbeit des Vereins: selbst hiesige Erdproben wurden in einem Hannoveraner Institut einer Eignungsprüfung für den Kartoffel-und Rüben Anbau unterzogen, daraufhin sogar ein Lastzug mit Pflanzkartoffeln ins Land gebracht. Im Auftrag des Fördervereins beschaffte Gudrun S.K. gar einen Mähdrescher in Sachsen, mit mühevoller Transport-Organisation zum Fähranleger in Travemünde und weiter nach Kaliningrad zur Unterstützung der Bauerngemeinschaft. Tagesziel zwischenzeitlich erreicht!

Fahren nun hinein in das Gebiet der „Rominter Heide“. Einzigartige, naturbelassene Hügel-, Wald- und Heidelandschaft! Abseits der Straße parken wir den Wagen und folgen einem stillgelegtem, schneebedeckten Bahngleis, bis zu einem mächtigen Brücken-Viadukt, mit wahrlich beeindruckender Bogenkonstruktion. Der Blick in die Schlucht-Tiefe mit rauschendem Bach, ist schon romantiknah!

Daher bewegen große Pläne den Förderverein – im Verbund mit Christian Welscher von der Universität Greifswald – eben um Bestand und Erhalt der „Rominter Heide“ – ein waldflächiger Naturpark – mit Vision der Erweiterung und Gründung einer Entwicklungszone, als Modellregion für nachhaltige Bewirtschaftung!  Letztendlich gar das Antrags-Bestreben, dieses naturbelassene Gebiet zum UNESCO-Biosphärenreservat zu erklären (zeichnet für Schutz, Entwicklung und Logistik). d.h. Umweltschutz, ökologischer Landbau und sanfte Tourismuserschließung in Gänze, bürgen in wünschenswerter Konsequenz, für Arbeitsplatzbeschaffung und Lebenssicherung, sowie atmosphärisch beste Erholungs-Garantien! Selbst das deutsche Bundesumweltamt signalisiert Unterstützung für Entwicklungsplanung und Struktursicherung, sowohl für den russischen, als auch für den polnischen Teil dieses Naturreservats! Forstwirtschaftlich eingebunden ist hier schon Lutz Fähser, der das „Lübecker Modell“ des Stadtwaldes prägte.

Die „Rominter Heide“, in Fläche und Finanzierung, steht für ein sehr weit reichendes und umfangreiches Vorhaben, vorwiegend zu bewältigen u.a. mit dringend gewünschtem Sponsoring d.h. Sponsoren zu wecken, die mit Wertschätzung und Zuwendung – auch die Wichtigkeit erkennen – diese völkerverbindende Projektplanung zu begleiten und zu sichern! Entwicklungsstärkend und zielführend sind da ganz gewiss die Gründung von 5 thematischen AGs – Naturschutz, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Jagd, Tourismus und Umweltbildung, sowie Beteiligung und Kommunikation – die Christian Welscher im Dezember 2018 berief.

Nach kurzer Fahrt erreichen wir die Hofanlage von Sergej Saez. Der Blick auf moderne Landmaschinen erstaunt schon, doch die Anhäufung von scheinbar nicht mehr verwertbaren Ausrüstungen und Geräteteilen, zeugt nicht von bester Entsorgungs- bzw. Lagerungsordnung. Sergej ist zwar nicht anwesend, dennoch überrascht uns seine Schwester Natascha mit vielen, landestypischen Gerichten.

Aufbruch zum Besuch der Meierei von Roman Berenidse. Allein betrieben von seiner Frau. Sie erzielt mit wahrlich kargster Laborausrüstung, Werte für ordnungsgemäße Milchanalysen. Die zu geringen Milchanlieferungsmengen ansässiger Bauern, sind jedoch ertragsbegrenzt und bieten keine Gewähr für einen ausreichenden Lebensunterhalt. Roman ist daher gezwungen, ausgleichend als Elektriker ganztägig zu arbeiten.

Auf unbefestigtem Weg erreichen wir zur Kaffeezeit, das Anwesen Nataschas und ihres früher zur See fahrenden Ehemanns. Idyllisch gelegen am Waldrand – auf Pachtland – im Besitz des russischen Staates, leben sie hier mit Ihren beiden Söhnen auch die – wen wundert´s – mit sicherem Handy- Klaviaturspiel! Naturerhalt der „Rominter Heide“, ist auch Nataschas Familie ein gewichtiges Anliegen, ausgerichtet aber auf Einkommensperspektive. Sie bemühen sich daher um sanfte Tourismus-Erschließung d.h. naturverbundenen Reisenden, Urlaubern und Wanderern, Unterkunft und Versorgung zu bieten. Die baldige Fertigstellung kleiner, aber gut ausgestatteter Wohneinheiten, ist bereits wegweisend! Sergejs Übernachtungsangebot für 16 Schlafplätze hinzugerechnet, ist hier in Summe, schon ein wirklich hoffnungsvoller Aufbruch zu erkennen, zusätzliches, gar naturförderndes Einkommen, zu generieren!

 

Weit ist die Rückfahrt nach KALININGRAD. Ein feurig-roter Sonnenuntergang, streift die am Straßenrand stehenden Bäume und zeichnet durch die kahlen Äste kräftige Konturen! Es war ein begegnungsreicher Tag! Freudige Überraschung……….Franziska, Gudruns Tochter erwartet uns im Hotel.

 

3 Tag
Donnerstag, 14. Februar 2019

Gudruns ehrenvoller Tag!

Vorerst ist jedoch eine Kaliningrad-Stadtrundfahrt geplant. Elena erwartet uns mit eigenem VW-Bus vor dem Hotel. Ob wieder Rushhour oder ohnehin alltäglicher Verkehr……….. PKWs, Sprinter, LKWs – Fahrzeuge aller Fabrikate – gar klimafreundliche, E-oberleitungsangetriebene , öffentliche Stadtbusse, sorgen für rege Verkehrsströme auf gut ausgebauten Straßen. Routiniert und sicher, lenkt Elena – auch erfahrene Reiseleiterin – den Wagen durch das frühere Königsberg/Ostpreußen – heute Teil der russischen Föderation, eine russische Enklave an der Ostsee.

Fast zu 90 % zerstört Ende August 1944, nicht etwa von der russischen Armee, sondern durch zwei nächtliche Luftangriffe der Royal-Air-Force. Kenntnisreich und klarsichtig spricht Elena über die deutsch-russische Geschichte Kaliningrad/Königsbergs, jahrzehntelang tabuisiert, erlebt sie nunmehr eine geradezu offenbarende Renaissance.

Schon von Weitem erkennbar, hauptstraßenseitig gelegen, nahe der früheren Altstadt, ein markantes, doppeltürmiges Hochhaus – unbewohnt – das „Haus der Räte“ bzw. „Haus der Sowjets“, im Verfallsmodus. Erbaut – aber nicht fertiggestellt – in den 1970er Jahren auf marodem Untergrund der gesprengten Ruine des ehemaligen Königsberger Schlosses, sollte es Verwaltungen und Geschäften Raum bieten. Statik-Probleme und nachfolgende-Investorendispute, machten diesem Gebäude jedoch letztendlich den Garaus!

Sehenswert auch – eingezäunt und geschützt – ein Areal alten Gemäuers – Altstadt-Ausgrabungen, gleich denen des Lübecker Gründerviertels. Doch das heutige Kaliningrad erlebt – erkennbar – seit Jahren einen beachtlichen Wiederaufbau- und Neubau-Boom. Appartementhäuser und moderne Hochhaus-Wohnblöcke, prägen die Straßenbilder.

Lokale, Restaurants, moderne Geschäfte, bieten eine Vielzahl an Dienstleistungen und Warenangeboten. Doch mit wachem Blick, bemerkt man auch Menschen, die von einem gewünschten Wohlstand nicht bedacht sind. Sichtbar im Besonderen in öffentlichen Fußweguntertunnelungen und hier auf den hinab-bzw. hochführenden Treppen.

Nicht alles zerstörte der Bombenhagel. Städtebaulichen Glanz bieten da Jahrhunderte alte Bauten, wie der Königsberger Dom, verbliebene Ruine, – in den 90iger Jahren wieder vollständig restauriert. Touristische Attraktionen und Stadtbildidentität gewähren u.a. auch das Brandenburger-, das Roßgärter-, das Sackheimer- und das Königs-Tor, sowie das Grabmal Emanuel Kants. Beachtlich massiv, das verbliebene Mauerwerk der ehemaligen Festungs- und Wehranlagen. Architektonisch geschickt gestaltet, An- und Neubauten in Verbundreihe mit erhaltenen klein- und großflächigen Altstadthäusern, beheimaten diese oft Museen und Verwaltungen. Kriegsunbeschädigt scheinen da die umliegenden Stadtteile. Überraschend der Bestand an Villen und gutbürgerlichen Häusern in den Straßen von Amalienau. Deutsche Vorkriegsarchitektur ist hier unverkennbar.

Höhepunkt der Stadtrundfahrt, so dann das Treffen mit Leonid Pliman vor der „Neuen Kaliningrader Synagoge“. Erfolgreicher Unternehmer, beharrlicher Wiederaufbau-Visionär für die vom Nazi-Regime während der Novemberpogrome 1938 zerstörten – an gleicher Stelle gestandenen – 1896 eingeweihten – früheren Synagoge.

Ob der Bau-Pläne anfangs belächelt, ficht Leonid P. fast 10 Jahre vehement und letztendlich doch erfolgreich, gegen behördliche Blockaden. Entstanden ist ein architektonisch beachtliches Bauwerk, mit maßgeblichem Anteils-Sponsering von Wladimir Kazmann, ebenfalls erfolgreicher Unternehmer in Kaliningrad. Die Innen-Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen, erfolgten die Eröffnungsfeierlichkeiten bereits in 2018. Voluminös die Weitflächigkeit des Gebetsraumes, mit überwältigen Blick in die Höhe der farbenprächtigen Kuppel. Feinste Fliesen und Ausstattungen, Aufenthalts- , Bewirtungs- und Sanitär-Räume in den darüber liegenden 2 Stockwerken, Fahrstuhl, Treppenaufgänge und digitale Technik, lassen Hochwertigkeit erkennen. Ein neues, beeindruckendes Zentrum für die fast 3.000, wieder in Kaliningrad lebenden Juden.

Nach dieser Besichtigungsvielfalt, kehren wir auf Elenas Empfehlung, zur Mittagszeit zum Essen ein. Russisches Menü, wirklich schmackhaft, was auf den Tisch kommt!

Rückfahrt zum Hotel, Ruhepause………. und am Nachmittag – in angemessenem textilen Outfit – per Taxi in das Hotel Radisson. Örtlichkeit für Empfang und Auszeichnung Gudruns. Eine Vielzahl illustrer deutscher und russischer Gäste – so auch der ehemalige Gouverneur Igor Egorov und der Vizegouverneur der Region Kaliningrad, Herr Dr. Igor Krasnyanskiy mit Stadtvertretern – ist bereits im Saal. Begrüßungs- und Vorstellungs-Szenarien spiegeln den erwartungsvollen Augenblick.

Herr Dr. Banzhaf, deutscher Generalkonsul, eröffnet den Festakt, begrüßt mit unverkennbar bayerischem Dialekt die Anwesenden und hält, in scheinbar stiller Bewunderung, die Laudatio auf Gudrun. Die Ordensverleihung an Frau Prof. Gudrun Schmidt-Kärner, Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande, sei, ihr jahrzehntelanges, außergewöhnlich nachhaltiges Engagement, für den Austausch der Beziehungen zwischen Schleswig-Holstein und dem Kaliningrader Gebiet, zu würdigen. Im Besonderen ihre Bemühungen für den interkulturellen Erfahrungsaustausch, für karitative Hilfen und Zuwendungen, in den Bereichen Soziales, Landwirtschaft und Bildung.

Auch eine Grußbotschaft der Landesregierung Schleswig-Holstein bereichert den Festakt. Herr Stefan Musiolik – extra angereist – Kieler Referatsleiter für Ostseeangelegenheiten, bekräftigt mit sehr zugewandten Worten Gudruns Würdigung. Standhaft und sehr berührt, empfängt Gudrun alle Glückwünsche.

Wassili, guter, vertrauensvoller Freund und ehemaliger Leiter des Kinderheimes Selenogradsk, sichert mit seiner Kamera unermüdlich eine Vielzahl an Bildmotiven. Verständlich, dass es anschließend, für ein reichhaltig gedecktes Buffet, beherzten Zugriff gab. Eine Auswahl guter Weine vertiefte gar noch die gewünschte Völkerverständigung.

 

 

4 Tag
Freitag, 15. Februar 2019

Früh, 9:00 Uhr, erwartet uns Elena bereits vor dem Hotel. Gudruns Wunsch, ist ein nochmaliger Besuch im Haus „Chance“, sowie ein Gespräch mit den Pädagoginnen über Problemfälle im Haus.Mit Gesprächen und Anregungen für einen neuerlichen Jugendaustausch 6 Jugendlicher aus dem Haus „Chance“ in Schleswig-Holstein und möglichem Fortbildungsaufenthalt für ältere Pädagoginnen des Hauses, ebenfalls in Schleswig-Holstein, verabschieden wir uns mit einem baldigen Wiedersehen.

Die Zeit drängt, wir starten gen Ostsee, Richtung Kurische Nehrung. Unweit der Küste bietet ein Museum Einblick in Arbeit, Leben und Besiedelung früherer Generationen, erkennbar unter beschwerlichen Bedingungen. Schauerlich ist die Wetterlage, dennoch wagen wir auf sicheren Holzstegen den Dünenaufstieg. Ein würziger Duft längst verblühter Bepflanzungen, im Gemisch mit salzhaltigen, kräftigen Winden, streift uns beim Aufstieg zur Dünenhöhe. Grandios der Blick auf die in der Tiefe brodelnde, aufgewühlte Ostsee, bedeckt von der nebeligen Gischt sich brechender Wellen. Statt eines mutigen Sprungs ins Meer, wäre da ein Punsch ratsamer.

Auch Swetlogorsk/Rauschen und Selenogradsk/Cranz, bekannteste Ostsee-Bäder, nahe der Kurischen Nehrung, sind Ziel unser heutigen Fahrt. Unverkennbar und nicht kriegszerstört viele Häuser – großen Teils in gepflegtem Zustand – sprechen für eine scheinbar wieder erblühende Bäderstruktur. Sehr auffällig Neubauten größerer Hauseinheiten, sicherlich Appartements, für eine Stärkung des touristischen Angebots.Dennoch, den Promenadenweg zieren scheinbar unverändert typisch antiquarische Strand-Holzhäuser, ähnlich denen der Gründerzeit. Mit direktem Meerblick, sind sie vorwiegend gastronomisch belegt. Anlass für uns, sich mit einem letzten Mittagessen für die Heimreise zu stärken.

Zeitnah erreichen wir den Flughafen und verabschieden uns von Elena und Ihrem routinierten Fahrer, danken Ihnen für Aufwandund Mühen. Abschied aber auch hier von Gudrun und Franziska zu ihrem Rückflug nach Berlin.

 

gez. Jörg Siewers